Vorwort

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Der erstmals Ende des 11. Jahrhunderts (ca.1072-1091) im Göttweiger Traditionskodex genannte Ort, der sei­nen Namen vom Loisbach (slav. Liubisu = Libusa = die Liebliche) herleitet, war schon in der Mitte des 13. Jahr­hunderts ein bedeutender Handelsplatz mit einer Juden­gemeinde. Er bestand lange Zeit aus zwei voneinander getrennten Gemeinden – Oberaigen und Unteraigen -, die eigene Richter hatten.

Die Hochkonjunktur im Weinbau Niederösterreichs führte zu einem großen wirtschaftlichen Aufschwung des Ortes und – im Zusammenhang mit der Finanzkraft der Gemeinde und einzelner Bürger – auch zu einer rechtlichen Besserstellung. Seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts ist Unteraigen als Marktort nachweisbar, 1321 befreite König Friedrich der Schöne sechs Lehner und die Eigner im oberen Dorf gegen eine pauschalierte Zahlung von aller Vogtherrschaft und 1327 verpflichtete sich derselbe, die “Vierziger”, die sich um ihr eigenes Geld aus der Pfandschaft lösten, nie mehr zu versetzen. Diese “Vierziger” .waren ursprünglich 40 dem Landesfürsten dienstbare Lehner, die einen Gemeinschaftsbesitz an Weingärten und vor allem an Wald hatten. Obwohl sich die Zahl der Nutzungsberechtigten noch im 14. Jahrhundert auf 57 erhöhte, blieb der offizielle Name “Vierziger” bis ins 19. Jahrhundert bestehen. Der “Vierzigerwald” lag unweit Schiltern.

1361 verlieh Herzogin Katharina den Bürgern von Langenlois das Recht der freien Richterwahl. Rudolf IV. erweiterte 1364 die Privilegien des Marktes, indem er fremden Gerichten verbot, Langenloiser Bürger wegen Geldschulden gefangen zu setzen, sofern dieselben nicht verbrieft sind. 1367 bestätigten Albrecht III. und Leopold III. sämtliche Freiheiten des Marktes, 1411 verlieh Herzog Albrecht V. das Recht zum Abhalten eines Jahrmarktes am Festtag des heiligen Leonhard, 1439 befreite er die “Vierziger” von Ab- und Anleit, Siegelgeld, Überzins und Steuer und setzte ihre Natural­dienste herab. 1459 bestätigte Friedrich III. die Frei­heiten der Bürgerschaft und erweiterte sie durch das Verbot, auswärtigen Wein nach Langenlois zu bringen.

1519 gewährte Maximilian I. neben der allgemeinen Privilegienbestätigung das Recht, einen zweiten Jahrmarkt am St. Dorotheen-Tag abzuhalten und ein Marktwappen zu führen.

Die Finanzkraft und die hier skizzierte Privilegierung, die zu einem hohen Grad an Selbstverwaltung der Bürger­schaft führte, brachten es mit sich, daß Langenlois nach der Konstituierung des vierten Standes im 15. Jahrhundert zu den „mitleidenden” Märkten gehörte. Der Ort war auf den Landtagen vertreten und die Marktgemeinde hatte die Steuern von den Ortsbewohnern einzuheben und direkt an das ständische Einnehmeramt ins Landhaus abzuführen. Maximilian II. (1565), Rudolf II.(1578), Ferdinand II. (1621) Ferdinand III. (1638), Leopold I., Karl VI., Maria Theresia (1750), Joseph II. (1783)  und Franz II. (1793) haben die Privilegien der Marktgemeinde und der “Vier­zigerschaft“ bestätigt, ohne sie zu erweitern, lediglich die Zahl der Märkte wurde noch 1823 von Franz II. vermehrt, der der Gemeinde gestattet, an allen Montagen neben dem Körnermarkt auch einen Viehmarkt abzuhalten. 1672 bestätigte Leopold I. der Bürgerschaft das Recht, daß sie auch von Auswärtigen, die durch Erbschaft oder Kauf Liegenschaften erwerben, die in der Langenloiser Steuereinlage verzeichnet sind, die “Landesanlagen” ein­zuheben berechtigt sind.

Die Gemeinde konnte im 17., 18. und 19.Jahrhundert ihre finanzielle und rechtliche Stellung durch den Ankauf von landesfürstlichen Steuern und Hoheitsrechten verbessern. So erwarb sie 1659 von den Ständen die Getränkesteuer “Tatz” für den Ortsbereich, 1672 verlieh Leopold II, dem Markt eine Straßenmaut, 1708 kaufte die Bürgerschaft von Johann Ferdinand Franz Grafen von Enckevoirt auf Grafenegg die Getränkesteuer “Ungeld” im Ortsbereich und 1765 erwarb sie von den Ständen die Langenloiser “Gerichtsämter Fälle und Wändel” (= Geldstrafen), die bis 1746 landesfürstlich waren und vom Vizedomamt verwaltet wurden. Der finanziell bedeutendste Kauf erfolgte im Jahre 1820: da­mals erwarb die Gemeinde um 43.020 fl CM den Wein- und Getreidezehent im Marktbereich, der ursprünglich dem Hoch­stift Passau gehörte und seit den Säkularisationen am Beginn des 19. Jahrhunderts vom österreichischen Staat ein­gehoben wurde. Die Gemeinde hat in der Folge diese Abgabe den Verpflichteten zum Kauf angeboten, die auf diese Weise ihre Weingärten und Äcker zehentfrei machen konnten.

Im Zuge der Reformen Kaiser Josephs II. wurde die Gemein­deverwaltung von Langenlois neuen Vorschriften gemäß umgestaltet. An der Spitze des Gemeinwesens stand fortan ein Magistrat, bestehend aus einem Bürgermeister, drei Magistratsräten und einem rechtskundigen Syndikus.

Der ursprünglich landesfürstliche Gültenbesitz zu Langenlois gliederte sich in der Neuzeit in Untertanen des landesfürstlichen Marktes Langenlois und des landesfürstlichen Schlüsselamtes in Krems. Daneben hatten aber noch zahlreiche andere Grundherrschaften innerhalb des Burgfrieds Besitz. Im Mittelalter ist vor allem geistlicher Besitz nachweisbar: Bistum Passau (Ende des (11. Jahrhunderts), Benediktiner-Ordensstift Göttweig (Ende des 11. Jahrhunderts), Zisterzienser-Ordensstift Zwettl (ab 1201), Augustiner-Chorherrnstift St.Pölten (1248), Zisterzienser-Ordensstift St.Bernhard (1300), Zisterzienser-Ordensstift Hohenfurth (1332), Bürgerspitalskapelle Weitra (1341), Pfarre Zwettl (1348), Pfarre Döllersheim (1361), Augustiner-Chorherrn stift Dürnstein (1377) und Pfarre Altpölla (1468).
1578 ist in Langenlois Weingartenbesitz der Herrschaft Ottenstein nachweisbar. Der Topographische Landschematismus von Steinius nennt außer dem Markt und dem Schlüsselamt noch folgende Grundherrschaften: Schiltern, Lengenfeld, Dross, Eggenburg, Horn und Haindorf. Zeitweise bestanden in Langenlois auch Freihöfe.

Im Revolutionsjahr 1848 gab es hier eine sehr aktive Nationalgarde, die sich nur mit Mühe davon abhalten ließ, den fluchtartig nach Innsbruck reisenden Hof bei Krems aufzuhalten. Ihr Kommandant war der später durch Stiftungen zu lokaler Berühmtheit gelangte Müllermeister und Magistratsrat Johann Michael Zwickl (gest.7. Juni 1861) Die Verfassungs- und Verwaltungsreformen der Jahre 1848-1850 waren auch für Langenlois von großer Bedeutung. Die Bürgerschaft verlor ihre bevorrechtete Stellung, der Markt wurde zu einer gewöhnlichen Ortsgemeinde im Sinne des neuen Gemeindegesetzes. An Stelle des Magistrates und des Marktrates traten Gemeinderat und Gemeindeausschuß, das Amt des Bürgermeisters blieb bestehen. Die Gemeinde ver­lor sämtliche Funktionen auf dem Gebiet der Zivil- und Strafjustiz an die neugeschaffenen staatlichen Gerichte. Die Grundentlastung befreite nicht nur die Bürger und In­wohner von zahlreichen Lasten, sie nahm auch dem Markt seine grund- und ortsobrigkeitlichen Befugnisse, seine vogt- und zehentherrlichen Rechte. Tatz, Ungeld und Maut waren schon in den Jahren vorher abgelöst worden. Auch die Steuereinhebung ging an staatliche Stellen über. Der Gemeinde verblieben lediglich die Besorgung der “Poli­tica”. So verringerte sich mit dem Inkrafttreten der Verfassungs- und Verwaltungsreform am1. Juli 1850 die Tätigkeit der Gemeindekanzlei schlagartig auf einen Bruchteil des bisherigen Umfanges. Beim Aufbau der neuen staatlichen Lokalverwaltung wurde Langenlois 1850 Sitz eines Bezirksgerichtes und eines Gendarmerie-Postens. In Angelegenheiten der politischen Verwaltung wurde der Markt der Bezirkshauptmannschaft Krems zugeteilt, die nächsthöhere Gerichtsinstanz war das Kreisgericht Krems. Im Zuge einer neuerlichen Verwaltungsreform im Jahre 1854 wurde die Bezirkshauptmannschaft Krems aufgelöst und das Bezirksgericht Langenlois zu einem gemischten Bezirksamt umgestaltet, das sowohl die Gerichtsbarkeit I. Instanz als auch die allgemeine Verwaltung und das Steuerwesen besorgte. Als Verwaltungsbehörde II. Instanz wurde das Kreisamt für das Viertel ob dem Manhartsberg, das bereits von 1753 bis 1850 bestanden hatte, reak­tiviert. 1868 erfolgte eine neuerliche Reorganisation der Verwaltung. Das Kreisamt Krems wurde wiederum und diesmal endgültig aufgelassen, die dortige Bezirkshauptmannschaft reaktiviert. Das Bezirksamt Langenlois wurde wieder zu einem Bezirks­gericht umgestaltet.1875 wurde Langenlois Sitz eines Eichamtes, 1889 fand der Ort nach Errichtung der Lokalbahn Hadersdorf am Kamp – Horn – Sigmundsherberg Anschluß an das Eisenbahnnetz. 1901 wurde die Ortsgemeinde Haindorf (Heindorf) am Kamp der Marktge­meinde Langenlois eingegliedert. 1925 wurde Langenlois zur Stadt erhoben.

Was die kirchlichen Verhältnisse betrifft, so gehörte Langenlois ursprünglich zum Sprengel der Pfarre Krems. Die seit dem 13.Jahrhundert urkundlich nachweisbare St. Laurentius-Kirche war ursprünglich eine Filialkirche, und die Kremser Pfarrer besaßen bis ins 16.Jahrhundert das Präsentationsrecht für den Langenloiser Seelsorger. Dann wurde Langenlois zu einer freien Kollationspfründe des Bischofs von Passau. Als unter Joseph II. eine neue Diözesaneinteilung geschaffen wurde, wobei Langenlois zur Diözese St.Pölten kam und der Bischof von Passau deshalb seine Rechte über diese Pfarre verlor, übernahm der Lan­desfürst das Patronat.

1289 ist erstmals die Filialkirche St. Nikolaus nachweisbar. Im ausgehenden Mittelalter wirkte an diesem Gotteshaus ein Benefiziat, in der Reformationszeit blieb dasselbe längere Zeit unbesetzt und die Dotationsgüter gingen verloren. 1673 ließ die Gemeinde das verfallene Gotteshaus restaurieren und den Hochaltar neu weihen. 1770 stiftete Maria Theresia Wappler ein Benefizium, über das die Gemeinde das Patronat übernahm. Das Langenloiser Spital ist seit dem 14.Jahrhundert nachweisbar. 1420 stiftete Niklas Gföhler ein Benefizium an der Bürgerspitalskapelle, das in der Reformationszeit einging. 1751 wurde es wiederhergestellt, wobei die Gemeinde das Patronat übernahm. 1792 stiftete Josef Auböck ein Krankenhaus. 1455 wurde auf Betreiben Johannes Kapistrans in Langenlois ein Franziskanerkloster gegründet. 1783 erklärte Joseph II. den Konvent als zur Aufhebung bestimmt, 1795 verließen die letzten Mönche das Kloster. Das Gebäude wurde von der Gemeinde erworben, die es an das Ärar vermietete, das es zunächst als Kaserne verwendete. 1891wurde hier eine Landes-Irrenanstalt eingerichtet, nach 1945 wurde das Gebäude für Zwecke der Landesberufsschule verwendet.

Der Bestand einer Schule in Langenlois ist bereits im 14.Jahrhundert nachweisbar. Seit der Theresianischen Schulreform gab es im Ortsgebiet zwei Lehranstalten, eine im Oberen und eine im Unteren Markt. Um die letztere hat sich der obgenannte Johann Michael Zwickl durch seine Stiftungen große Verdienste erworben.

Vom Ende des 16. bis zur Mitte des 19.Jahrhunderts ist Langenlois als Sitz von Zünften nachweisbar. Es handelt sich um Verbände der Schuster, Fleischer, Zimmerleute, Binder, Weber, Lederer, Schmiede und Tischler.

Über Archivordnungsmaßnahmen im 17. und 18. Jahrhundert und Arbeiten zur Archivpflege ist zur Zeit nichts bekannt, allerdings sind die Ratsprotokolle, die Rechnungsbücher und andere einschlägige Geschichtsquellen noch nie nach diesem Gesichtspunkt durchforscht worden. Das Vorhandensein eines geräumigen Rathauses – 1728 kam ein Neubau zustande – wirkte sich zweifellos günstig für die Erhaltung der Archivalien aus.

1824 war es um die Ordnung des Archivs sehr schlecht bestellt. Um hier Abhilfe zu schaffen nahm der Magistrat Ignaz Schwimmer, bisher Oberbeamter der Herrschaft Matzen, als Hilfsbeamten auf und übertrug ihm die Umarbeitung der Waisen-, Depositen-, Grund- und Satzbücher sowie die Neueinrichtung der “alten Registratur”. In seinem Diensteid verpflichtete er sich u.a., niemand aus eigenen Stücken die Benützungsbewilligung zu erteilen und ohne Bewilligung seiner Vorgesetzten für niemanden Abschriften auszufertigen. 1828 legte Schwimmer dem Magistrat einen Bericht über seine bisherige Tätigkeit vor: Er habe die Akten vor 1818 nach Jahrgängen und Sachgebieten geordnet und faszikuliert. Er bildete insgesamt 1051 Aktenbündel, die in Fächer eingeteilt und entsprechend beschriftet wurden, und verfaßte darüber ein Repertorium. Ungeordnet seien noch etliche ältere, “weniger brauchbare Aktenstücke”, die “verwirrt durcheinander” liegen, weshalb ihre Ordnung viel Zeit beanspruchen würde, und die in großer Zahl vorhandenen Protokolle, Grund- und Rechnungsbücher. Der Magistrat habe ihn aber jetzt beauftragt, sich den Akten der Jahre 1818 bis 1827 zuzuwenden, weshalb diese Arbeiten zurück­gestellt werden müssen.

Die Verfassungs- und Verwaltungsreform der Jahre 1848-1850 war auch für das Marktarchiv Langenlois von erheblicher Bedeutung. Um eine organische Weiterführung der Gerichtsbarkeit durch die neugeschaffenen staatlichen Behörden zu gewährleisten, wurde den Herrschaften, Magistraten und den übrigen Gültenbesitzern, die bis dahin Jurisdiktionsbefugnisse inhatten, befohlen, sämtliche Akten der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit, die für neue Bezirks- und Kreisgerichte von Interesse sein können, abzuliefern. Die im Rahmen dieser Aktion von der Gemeinde Langenlois abgegebenen Archivalien kamen zunächst in das in Stein errichtete Archivlager. Sie wurden dort gesichtet und dann teils dem Bezirksgericht Langenlois, teils dem Kreisgericht Krems überantwortet.

Das Kremser Kreisgericht trat diese Herrschaftsarchivalien, die nach und nach ihre Bedeutung für die Justiz verloren, zum Teil 1899, zum Teil 1924 an das “Archiv für Niederösterreich” (heute eine Abteilung des NÖ Landesarchivs) ab. Die alten Bestände des Bezirksarchivs Langenlois wurden 1971 vom NÖ.Landesarchiv eingezogen. Daher besitzt das Niederösterreichische Landesarchiv heute Gerichtsarchivalien des Magistrates Langenlois, die bis 1850 im Gemeindearchiv aufbewahrt wurden.

Vor und zu Beginn des Ersten Weltkrieges befaßte sich Josef Kallbrunner im Auftrag des k.k.Archivrates mit dem Langenloiser Archiv. Seine Aufmerksamkeit galt vor allem den Originalurkunden, die er chronologisch ordnete und von denen er Regesten anfertigte, die sodann in den “Archivberichten aus Niederösterreich” (hg. vom k.k. Archivrat, redigiert von Franz Wilhelm, I.Band, Wien 1916, S.198-210) veröffentlicht wurden.

1926 wurde im Rathaus ein großer Archivalienbestand entdeckt, der lange Zeit als verschollen galt. Es handelte sich vorwiegend um Bücher, aber auch um Urkunden. Die von Kallbrunner geordneten Urkunden, die neuaufgefundenen Diplome und ein großer Teil der älteren Handschriften wurde dem Heimatmuseum zur Aufbewahrung über­geben und dort inventarisiert.

Im Herbst 1938 wurde Hermann Göhler, Bediensteter des damaligen Reichsgauarchivs Niederdonau, mit der Neuordnung und Inventarisierung des Langenloiser Stadtarchives betraut. Er führte die Arbeiten im Zeitraum vom5.Dezember 1938 bis zum28. Jänner 1939 durch. Seine Ordnungsarbeit umfaßte sowohl die Urkunden als auch die Handschriften und die Akten. Die beiden letztgenannten Gruppen wurden von ihm erstmals fachgerecht inventarisiert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg betreute Diplom-Kaufmann August Rothbauer das Stadtarchiv. Er verfaßte ein genaues Urkundeninventar mit ausführlichen Regesten, Personen, Ortsnamen- und Sachregister, stellte für eine größere Anzahl älterer Handschriften Namens- und Sachindizes her und bemühte sich von Göhler übersehene Handschriften und Akten einzuordnen. Nach seinem Tode nahm sich die Witwe des Heimatmuseums und des Archivs an.

Durch Umbau- und Renovierungsarbeiten im Rathaus kamen die Archivbestände erneut in Unordnung. Ein Ersatz der unzulänglichen Einrichtung durch moderne Stellagen schien unbedingt geboten. In dieser Situation wandte sich die Stadtgemeinde 1967 mit dem Ersuchen um Beistellung von Fachkräften an die NÖ. Landesregierung. 1968 nahm der Unterzeichnete gemeinsam mit Fachinspektor Alfred Kritsch die Ordnungs- und Inventarisierungsarbeiten auf. Weitere Mitarbeiter waren Kanzleioberoffizial Josef Gattringer und Oberamtswart Paula Pasztorek, die die Beschriftung der Handschriften und der Aktenkartons durchführte.

Zum derzeitigen Umfang und zum gegenwärtigen Ordnungszustand des Langenloiser Stadtarchivs wäre zu bemerken: Ihrer Herkunft nach gliedern sich die Archivalten in drei Gruppen. Die erste bilden die Schriftstücke der Gemeinde und ihrer Kanzlei (des Gemeindeamtes) im engeren Sinne des Wortes. Dazu kommen als zweite Gruppe die Archivalien verschiedener Langenloiser Institutionen, deren Funktionen im Laufe der Zeit auf die Gemeinde übergegangen sind, bzw. die bei ihrer Aufhebung ihr Schriftgut der Gemeinde über­geben haben. Hierzu gehören die “Vierzigerschaft”, das Bürgerspital, das Armeninstitut, die Gemeinden Haindorf und Mittelberg (1967 mit Langenlois vereinigt), die Zünfte der Bäcker, Fleischhauer, Hufschmiede (Schmiede), Schuster, Tischler und Schlosser (die zusammen eine Zunft bildeten), Zimmerleute, Wagner und Weber sowie der Schützengesellschaft. Dieser Gruppe sind auch die Rechnungsbücher und Akten der Pfarrkirche und der Filialkirche St. Nikolaus beizuzählen. Die dritte Gruppe bilden Splitterbestände aus den Archiven umliegender Herrschaften, die teils durch den Erwerb dieser Güter oder von Teilen desselben durch die Gemeinde, teils über die Sammeltätigkeit des Heimatmuseums an das Gemeindearchiv gekommen sind. Zu erwähnen wäre der “Edel­sitz Haindorf und Feldmühl im VOMB” (Landtafel-E.Z.562), die”Herrschaft Schiltern nebst Kronsegg und dem Amt Mittelberg” (Landtafel – E.Z.556), die “Herrschaft Gföhl mit den Allod-Gütern Jaidhof, Droß, Rehberg, Imbach und Panholz” (Landtafel-E.Z.603), das “Landesfürstliche Schlüsselamt in Krems”, das “k.k.Oberzollamt in Krems”, die “Herrschaft Wildberg-Messern” (Landtafel-E.Z.544), die “Herrschaft Drösiedl” (Landtafel-E.Z.331), die “Herrschaft Praunsberg nebst Niederfellabrunn” (Landtafel-E.Z.643) und die “Herrschaft Scharfenegg zu Mannersdorf” (Landtafel-E.Z. 750).

Die Urkunden Nr. 1/195, 249, 250, 251, 253, 255 und 256, die teils die Herrschaft Puchheim in Oberösterreich, teils das Gut Rodaun betreffen, stammen aus dem Schloßarchiv Schiltern. Die Herkunft der Urkunden Nr. 1/114, 119, 164, 194, 195, 200, 201, 210, 216, 220, 228, 230, 231, 233, 235, 242 und 259 sowie II/6 wäre noch zu untersuchen.

Im Zuge der Neuordnung wurden die Archivalien nach ihrer äußerlichen Beschaffenheit in fünf Abteilungen gegliedert I.Urkunden, II.Bücher, III. Akten, IV. Karten und Pläne, V. Druckwerke und Manuskripte zur Stadtgeschichte. Die Urkundenreihe besteht aus 292 Stück; darunter befinden sich 151 Original-Pergament-Urkunden aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Das älteste Diplom ist ein Ablaß-Brief für die St.Laurentius-Kirche aus dem Jahr 1300. Es gibt nur wenige Gemeinden in Niederösterreich, die einen derartig umfangreichen Bestand an mittelalterlichen Urkunden besitzen.

Die Diplome befanden sich mehrere Jahrzehnte im Heimatmuseum und wurden dort inventarisiert, wobei sie meist vierstellige Nummern erhielten. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Diplom-Kaufmann August Rothbauer diesen Bestand geordnet und intensiv bearbeitet: Er verfaßte ausführliche Regesten mit Anmerkungen, Personen-, Ortsnamen- und Sachregister (Hs.62/2a). Die Ordnung Rothbauers wurde bei der Neuaufstellung unverändert beibehalten.

Rothbauer gliederte den Bestand in zwei Reihen; Die erste umfaßt sämtliche Pergamenturkunden und einzelne Original-Papier-Urkunden, die sich durch ihre äußere Form vom gewöhnlichen Aktenmaterial deutlich abheben. Die zweite Reihe enthält Urkundenabschriften und in einfacherer Form ausgestellte Papierurkunden bzw. Einzelakten aus dem 16. und 17.Jahrhundert. In beiden Reihen sind die einzelnen Schriftstücke chronologisch geord­net.

Diese Gliederung in zwei Reihen nach den eben skizzierten Grundsätzen ist nicht mit voller Konsequenz durchführbar. Es ergeben sich Überschneidungen zwischen der ersten und zweiten Reihe hinsichtlich der Papierurkunden und zwischen der zweiten Reihe und den Akten. Eine Beseitigung dieser Mängel ist ohne eine Umsignierung, welche die wertvollen Regesten und Indizes Rothbauers unbenützbar machen würde und deshalb nicht zu verantworten wäre, unmöglich.

Die kleineren Urkunden werden in Kartons aufbewahrt, die – zum Unterschied gegenüber den mit arabischen Zahlzeichen numerierten Aktenkartons – mit den Großbuchstaben A – N bezeichnet sind.

Ungewöhnlich umfangreich für das Archiv einer Gemeinde von der Größe und Bedeutung Langenlois ist die Bücherreihe, die 1.527 Bände umfaßt. Sie wurde erstmals von Göhler nach modernen Gesichtspunkten geordnet. Er konnte allerdings nicht alle Kodizes erfassen. Die später aufgetauchten Bücher wurden von Rothbauer zugereiht, aber da er Umsignierungen und größere Umstellungen auf den Stellagen vermeiden wollte, wurden Inventar und Aufstellung unübersichtlich und schwer benützbar.
Um diesem Übelstande abzuhelfen, entschloß sich der Un­terzeichnete zu einer völligen Neuordnung. Die 1.527 Bände wurden in 62 Sachgebietgruppen gegliedert. Innerhalb einzelner dieser Gruppen wurden nach sachlichen Gesichtspunkten Unterabteilungen gebildet, sonst wurden die Bände chorologisch gereiht.
Die Neuordnung machte auch eine Neusignierung notwendig. Jedes Buch wird nunmehr durch zwei arabische Zahlen be­zeichnet, die bei Zitaten durch einen schrägen Strich zu trennen sind. Die erste Zahl bedeutet die Sachgebietgruppe, die zweite die Nummer des Bandes innerhalb dieser Sachgebietgruppe.

Zu einem erheblichen Teil der älteren Bücher, die das 16., 17. oder den Anfang des 18. Jahrhunderts betreffen, hat Rothbauer Personennamen-, Ortsnamen- und Sachregister her­gestellt. Sie werden in der Gruppe 62 aufbewahrt. Im In­ventar ist bei den einzelnen Handschriftenbänden oder bei der Sachgebietgruppe auf diese Indizes hingewiesen.

In das Inventar wurden auch Bücher aufgenommen, die 1850 von der Gemeinde an die staatlichen Behörden abgetreten wurden und die sich heute im NÖ. Landesarchiv befinden. Wer diese Handschriftenbände einsehen will, muß sich an das ebengenannte Archiv (Abteilung Wien I., Herrengasse 11) wenden.

Im Verhältnis zum reichen Bestand an Urkunden und Handschrif­tenbänden ist der Umfang der Akten – 225 Kartons und 13 Faszikel – als sehr gering zu bezeichnen. Besonders auf­fallend ist die Tatsache, daß aus dem Zeitraum vor 1820 nur Splitterbestände erhalten sind und daß die Jahre 1901-1945 große Lücken aufweisen. Das vorhandene Material wurde in zwei Abteilungen geglie­dert. Die erste umfaßt die Politica (=Akten der allgemei­nen Verwaltung), Judicialia (Akten in Streit- und Exeku­tionssachen), Verlassenschaftsabhandlungen, Verträge und Testamente, die Grundbuchsakten und die Akten in schweren Polizei-Übertretungen bis zum Jahre 1850 sowie die “all­gemeinen Akten” für den Zeitraum 1850 – 1958 (die Sachgegebietgruppen A – G des Inventars). Die zweite umfaßt Aktensonderbestände zu bestimmten Sachgebietgruppen (Inventar H Y).

Die heute noch erhaltenen Judicialia, Verlassenschafts­abhandlungen, Verträge und Testamente, Grundbuchsakten und Akten über schwere Polizeiübertretungen aus Langenlois werden – von wenigen Einzelstücken abgesehen – im NÖ.Landesarchiv (Abt.Wien I., Herrengasse 11) verwahrt. Sie sind 1850 an die staatlichen Behörden abgeliefert worden und über das Kreisgericht Krems oder das Bezirksgericht Langenlois dorthin gekommen. Auch diese Archiva­lien wurden in das Inventar aufgenommen. Der einzige größere und geschlossene Bestand aus dem Zeitraum vor 1850 sind die Politica, die ab 1820 erhal­ten sind. Dieser Bestand ist sehr umfangreich; er umfaßt nicht weniger als 100 Kartons. Die Schriftstücke sind nach Jahrgängen und innerhalb derselben nach Geschäftszahlen geordnet, wie sie in die Geschäftsprotokolle (Bücher-Reihe 21) aufgenommen wurden. Bei der Suche nach Einzel­betreffen empfiehlt es sich, zuerst die Indizes zu den Geschäftsprotokollen (Bücher 22/2-33), darauf die Geschäfts­protokolle (Bücher 21/9-39) nachzuschlagen und erst dann, wenn die Geschäftszahl bekannt ist, den Karton zu suchen und den Akt auszuheben.

Da die Gemeinde 1850 ihre Funktionen auf dem Gebiet der Zivil- und Strafjustiz an das Bezirksgericht abtrat und ihr nur die Kompetenzen auf dem Gebiet der allgemeinen Verwaltung verblieben, setzen die “Allgemeinen Akten” des Zeitraumes 1850-1958 die “Politica” der Jahre 1850 fort. Auch diese Akten sind nach Jahrgängen und innerhalb derselben nach Geschäftszahlen geordnet. Auch für diesen Be­stand können die Indizes zu den Geschäftsprotokollen und die Geschäftsprotokolle herangezogen werden, allerdings sind dieselben für den Zeitraum 1851 – 1888 nur lücken­haft erhalten. Angesichts der geringen Zahl von Schrift­stücken in den einzelnen Jahrgängen wird es in vielen Fällen rascher zum Ziele führen, den Jahrgang durchzu­sehen.

Die Schriftstücke der Aktensondergruppen (Inventar H – Y) sind vielfach nach sachlichen Gesichtspunkten in Unter­abteilungen, im übrigen chronologisch geordnet. Eine Aus­nahme besteht bei einigen Personalakten, die alphabetisch nach Familiennamen gereiht sind. Diesem Bestand sind auch Materialien zu einer Dokumentation (Inventargruppe Y) an­geschlossen. Es handelt sich um Plakate, Photos, Lokal­zeitungen und Zeitungsausschnitte. Bis 1958 waren die Ak­ten teils in Faszikel gebündelt, teils offen und ungeordnet. Im Zuge der Neuordnung wurde das Schriftgut soweit als möglich einkartoniert. Nur jene Schriftstücke, die wegen ihres großen Formates nicht in den Schachteln unter­zubringen waren, verblieben in Faszikeln.

Der Bestand des Archivs an Plänen ist wenig bedeutend. Ei­nige kleinere Pläne befinden sich bei den Baupolizei- und Bauakten als Beilage zu den Schriftstücken; die größeren und jene, die aus sachlichen Gründen dort nicht unterzubringen waren, wurden in 4 Gruppen eingeteilt, welche im Inventar die Bezeichnung A – D erhielten. Der Planabteilung wurden auch einige Photokopien und etliche Ehrendiplome angeschlossen, die wegen ihres großen Formates nicht dort, wo sie sachlich hingehören, untergebracht werden können.

Das Stadtarchiv verfügt auch über eine kleine heimatkund­liche Handbibliothek, deren Inventarisierung und Katalo­gisierung nicht Aufgabe des Unterzeichneten ist. Einige kleine Broschüren und Manuskripte von wissenschaftlichen Arbeiten zur Heimatkunde wurden, um sie besser zu schützen, in einen Aktenkarton gegeben. Dieser erhielt die Signatur “0”, da er anschließend an den letzten Urkunden-Karton („N“) aufzustellen wäre. Über seinen Inhalt gibt das Inventar Auskunft.

Die derzeit im Gang befindliche Gemeindezusammenlegung und die Schaffung der Großgemeinde Langenlois bringt auch für das Archivwesen eine Reihe von Problemen mit sich. Von ihrer Lösung wird in einem Nachtragsband zu diesem Inventar zu berichten sein.

Wien, im März 1972.        Helmuth Feigl


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